Freitag, 26. Juli 2013

Entspannte Tage in Van

Unsere Weiterreise nach Van beginnt mit dem Nachtbus. Der erste Nachtbus auf der Reise. Ich bin müde, und jene die mich gut kennen wissen, dass ich in nullkommanix einschlafen kann. Jonas hat trotz Reise-Nackenkissen mehr Mühe. Die Beobachtung, wie halsbrecherisch der Buschauffeur über die kurvige Landstrasse fährt hilft auch nicht beim Einschlafen.

Eine Stunde früher als geplant erreichen wir um 6 Uhr in der Früh Tatvan. Von da wollen wir die Fähre über den Vansee bis nach Van nehmen. Am Hafen ist noch nichts los. Gemäss Lonelyplanet verkehrt die Fähre zweimal täglich. Wann genau steht nicht drin. Wir warten. Nach circa einer Stunde erklärt uns ein Einheimischer, dass die Fähre erst um 20 Uhr fährt. Somit wären wir erst um Mitternacht in Van. Wir ändern den Plan kurzfristig und nehmen den Bus, der hat nur 2 Stunden. Ich bin enttäuscht. Seit ich das erste Mal vom riesigen Vansee gehört habe, habe ich davon geträumt, diesen per Schiff zu überqueren. Ich habe mir das so abenteuerlich vorgestellt. Aber abends bei Dunkelheit macht es keinen Sinn.

Van war im Laufe seiner 3000-jährigen Geschichte immer wieder Zankapfel verschiedener Völker. Während dem ersten Weltkrieg stritten sich die Osmanen und die Russen, welche die in der Region ansässigen Armenier unterstützten, um den Ort. Im Rahmen der Gefechte wurde die Stadt damals praktisch vollständig zerstört und 4 km östlich der alten Stadt neu aufgebaut.

2011 erschütterte ein heftiges Erdbeben die Region. Rund 2300 Gebäude stürzten ein, mehrere hundert Menschen mussten ihr Leben lassen. Die Stadt ist auch Transitzone für tausende Asylsuchende auf ihrer Flucht in ein sicheres Land. Die Flüchtlinge stammen vor allem aus Afghanistan, dem Irak und dem Iran. Jungen im Alter von 10 Jahren putzen Schuhe, die jüngeren sitzen mit einer Waage am Strassenrand, wer will kann sich wägen lassen.  Ein verzweifelter Trick der Jungen besteht darin, vor eine zerscherbelte Waage zu sitzen, den Kopf hängen lassen und somit Mitleid zu erregen. Es ist traurig zu sehen, wie diese Kinder ihrer Kindheit beraubt werden.

Da die letzte Woche sehr intensiv war schalten wir hier einen Gang zurück. Wir beziehen ein schönes 4-sterne Hotel. Beim Erdbeben sind auch viele Hotels eingestürzt, das Angebot an Unterkünften ist entsprechend begrenzt. Wir zahlen den “Backpacker-Preis”, der völlig in Ordnung ist. Unser Programm besteht aus Vorbereitung der Iranreise und Faulenzen. Zwei Ausflüge in drei Tagen liegen aber drin.

Die Enttäuschung, nicht die Fähre genommen zu haben, sitzt noch immer. Als Entschädigung fahren wir mit dem Boot zur Insel Ahtamar, die das Wahrzeichen des Van-Sees beherbergt, eine über 1000 Jahre alte armenische Heiligkreuzkirche. Die Fahrt ist nur drei Kilometer, nichts, wenn man bedenkt dass der Vansee 120 km lang und 80 km breit - oder siebenmal so gross wie der Bodensee - ist. Naja, dafür konnten wir auf der Insel baden. Fotos von der Insel gibt es keine, ich Hanswurst habe die Bilder versehentlich gelöscht.

Der zweite Ausflug führt uns zum Van Kalesi, der Zitadelle im ursprünglichen Teil der Stadt. Die Burgreste stammen aus verschiedenen Epochen, von den Urartäern bis zu den Osmanen. Der Ort beherbergt auch eine Wasserquelle, zahlreiche Einheimische fahren mit Kanistern an um Wasser zu holen. Ein Türke lädt uns zum Abendessen ein. Da wir auch wegen dem Sonnenuntergang, der von der Burg aus mit Blick auf den See besonders schön sein soll, hier sind, lehnen wir ab. Während des Ramadan essen die Leute, sobald der letzte Sonnenstrahl weg ist. Da wären wir zu spät. Pünktlich zum Sonnenuntergang erscheinen jedoch ein paar Wolken auf der Bildfläche. Mist, wir hätten essen gehen sollen. Den Rückweg müssen wir zu Fuss in Angriff nehmen. Alle sind am essen, da läuft gerade nichts. Nach einer halben Stunde kommt das erste Auto, ein junger Türke nimmt uns mit.    

Und kulinarisch?
Seit Anfang unserer Reise begleiten uns immer wieder Köfte. Köfte sind gut gewürzte Hackfleischbällchen (Lamm, Rind oder gemixt), die gebraten, gebacken oder gegrillt daherkommen. In Van kommen wir in den Genuss besonders guter Köfte. In Südostanatolien sind die Çiğ Köfte ebenfalls weit verbreitet. Diese werden aus rohem Fleisch, Bulgur und zahlreichen Gewürzen hergestellt. Çiğ Köfte werden zum Apéro als Meze oder als Begleitung des Hauptgangs gereicht.
Eine Neuententeckung ist İrmik Helvası: Eine Süssspeise aus Maissgriess, Zucker, Milch, Zimt und Zitrone (Rezept gemäß Kellner). Ich hätte rein vom Geschmack her auf Mandeln getippt, und die Wette gegen Jonas verloren. Naja, egal was drin ist, schmecken tut es super. 



Insel Ahtamar mit der armänischen Kirche




Van Kalesi




Verpatzter Sonnenuntergang



Gegrillte Köfte


 
Çiğ Köfte
 



İrmik Helvası


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