Mittwoch, 25. September 2013

Zu Besuch bei Mamma Enza



Ab und zu plagt mich das „Heimweh“. Nach Basel. Zwar bin ich weder in Basel aufgewachsen noch habe ich sehr lange in Basel gewohnt (genau genommen waren es 1 Jahr und 3 Monate, dann ist die Liebe dazwischen gekommen). Aber zuhause ist ja immer auch dort wo die guten Freunde sind. Und in meinem Fall leben viele in oder in der Nähe von Basel.


Einen Ort zu vermissen hat ja auch seine schönen Seiten. Ist man dann da, geniesst man die Zeit umso intensiver. Man versucht den Ort aufzusaugen, damit es wieder reicht bis zum nächsten Mal… Gemeinsam mit Freundin S. und Freundin H. schlendern wir an diesem Herbstabend durch die Strassen im Kleinbasel. Freundin H., die im genannten Quartier aufgewachsen ist, zeigt wo sie zur Schule ging, wo sei früher eingekauft haben, und auf welchem Spielplatz sie gespielt hat. Aber genug der Nostalgie. Unser Ziel ist Mamma Enza, ein kleine italienische Tattoria.


Nach langem hin und her – das heisst wie immer hat  Freundin H. schon lange gewählt, während dem Freundin S. und ich uns noch 10mal umentscheiden, bestellen wir einen Antipastiteller - der ist gemäss dem Kellner die Spezialität des Hauses. Einzelne Gäste kämen extra wegen dem deswegen.  Uns überzeugt die genannte Vorspeise nicht wirklich, so unvergesslich sind die verschiedenen Antipasti nicht. Dafür schmeckt der Hauptgang ausgezeichnet. Freundin H. kriegt die zweierlei Gnocchi nach Mamma Enza’s Art (aktuell mit Trüffel) und ich entschiede mich für die Ravioli mit Feigen und Ricotta. Für Aufsehen sorgen aber die Bandnudeln mit Langustinos der Freundin S. Der Kellner erklärt S. auf eine anzügliche Art, wie sie denn die Langustinos zu essen hätte. Zitat: „Da musst du dran saugen… Ja saug mal dran“. Wir denken alle das Gleiche: mach dich mal dünne und lass uns in Ruhe essen.  Ach ja, ich sollte noch erwähnen, dass er unser Essen, nachdem er es hingestellt hat, noch mit seinem Handy abfotografiert hat. Wo gibt’s denn sowas? Foodporn (also das Fotografieren von Essen und meistens auch das ins Netz stellen der Fotos) betreiben heute ja viele. Ich inklusive. Aber als Kellner das Essen von Gästen fotografieren? Geht gar nicht. 


Fazit: Das Essen ist ausgezeichnet, die Ambiance gut, die Bedienung ein bisschen lästig…

Irgendwann sitze ich wieder im Zug in Richtung Agglo. Und stelle mir vor, wie’s wär wieder in der Stadt am Rheinknie zu leben. Arrivederci Basilea. 




Donnerstag, 19. September 2013

Mini-Hackfleischröllchen zum Abschied



Abschiede sind schwer. Besonders vom kleinen Bruder. Es ist nicht mein Bruder der weggeht, sondern der Bruder von Monsieur J. (Da habe ich nochmals Glück gehabt). Der ist aber genau gleich alt wie mein kleiner Bruder. Ja, und wie es so ist wenn der Kleine in die grosse weite Welt hinauszieht wird man ein wenig traurig. Da spielt es keine Rolle dass der  Bruder schon bald 30 wird. Klar, freut man sich, dass der jüngere seine akademische Laufbahn weiterverfolgt, dass er endlich mit seiner grossen Liebe zusammenleben kann, dass er in einer hippen Stadt wohnen wird. Gleichzeitig leidet man ein bisschen. Kleiner Bruder bleibt kleiner Bruder. Auch bin ich ein wenig traurig, denn der Auswanderer ist inzwischen auch für mich zum kleinen Bruder geworden. 

Aber bevor er geht, da wird nochmal gefeiert. Mit Bier, Würsten vom Elektrogrill und Knabbereien. Ich habe Hackfleischröllchen beigesteuert: 




Mini-Hackfleischröllchen mit Äpfeln und Pistazien

  • 1 EL Olivenöl
  • 1 Rote Zwiebel, fein gewürfelt
  • 2 Knoblauchzehen, zerdrückt
  • 500 g Hackfleisch
  • 100 g Pistazien
  • 2 Äpfel
  • 2 EL Senf
  • 1 EL Apfelessig
  • Etwas Petersilie
  • 6 Bögen Blätterteig (25 cm x 25 cm)
  • 1 Ei
  • 1 EL Milch
  • Sesamsamen



Den Backofen auf 200°C Umluft vorheizen. 

1. Zwiebel und Knoblauch fein hacken. In einer Bratpfanne Olivenöl bei mittlerer Temperatur erhitzen. Die Zwiebel und 1 Prise Salz hineingeben und ca. 5 Min. anbraten, gelegentlich umrühren. Den Knoblauch hinzufügen und weitere 5 Minuten unter gelegentlichem rühren anbraten. Vollständig abkühlen lassen. 

2. Pistazien grob hacken, Petersilie ebenfalls hacken, Äpfel schälen und raffeln. Das Hackfleisch in eine Schüssel geben, Pistazien, Äpfel, Senf, Essig, Petersilie und Zwiebel-Knoblauch-Mischung hinzufügen. Mit Salz und reichlich Pfeffer würzen und mit den Händen vermengen. 

3. Den Blätterteig in 8 cm lange und 5 cm breite Stücke schneiden. Auf jedes Teigstück 1 TL Füllung an einem Ende platzieren. Dann so aufrollen, dass der Blätterteig die Füllung umschliesst. Ergiebt ca. 90 Hackfleischröllchen. 

4. Ei mit Milch verquirlen. Die Röllchen grosszügig bestreichen. Nach Belieben mit Sesamsamen bestreuen. 

5. Ca. 30 Minuten backen, bis sie goldgelb sind. 

Quelle: Katie Quinn Davies, „What Katie ate“

Beim nächsten Mal würde ich noch etwas Peperoncini unter die Hackfleischmasse mischen. 


Donnerstag, 12. September 2013

Würziger Kürbis mit knusprigen Kürbiskernen und Croutons


Lange musste ich auf das Kochbuch „What Katie ate“ von Katie Quinn Davies warten. Erfahren dass es auf Deutsch erscheint bin ich schnurstracks in meinen Lieblingsbuchladen gerannt und habe ein Exemplar bestellt. Das war im März oder so… Ende Juni, also knapp eine Woche bevor ich auf Reisen ging, kam dann der Anruf, das Buch sei da.. Jetzt hatte ich ein wunderschönes neues Kochbuch, aber absolut keine Zeit irgendwas daraus zu kochen. Die Ferienvorbereitungen liefen auf Hochtouren, im Büro war allerlei los, und ich war froh, dass Monsieur J. die Zubereitung des Abendessens übernahm.
Auf der Reise entschwand das Buch aus meinem Bewusstsein, und als ich zuhause angekommen den Kochbuchschrank geöffnet habe, war es wieder da. Katie Quinn ist Foodfotografin und lebt in Australien. Und sie macht ganz ganz tolle Fotos. Inszeniert das Essen so, dass man selbst gleich loslegen möchte, mit dem Kochen. So wie es hat sie Erfolg, mit dem was sie tut. Bereits ist sie daran, das zweite Buch zu erstellen. Als wäre das nicht genug, sieht sie auch noch umwerfend aus.

Von meinem Grossvater habe ich einen Kürbis erhalten, den er in seinem Treibhaus gezüchtet hat. Es war nicht irgendein Kürbis, sondern ein Riesenkürbis. 6.4 Kilo wog das Teil. Die Hauptzutat war gegeben, und ich Katies Kürbis mit Kürbiskernen und Pangrattoto (Paniermehl) zubereitet. Das Paniermehl habe ich mit Croutons ersetzt.
 
 

Würziger Kürbis mit knusprigen Kürbiskernen und Croutons

·         3 EL Olivenöl
·         2 TL gemahlener Kreuzkümmel
·         2 Rosmarinzweige, Nadeln abgestreift und fein gehackt
·         1 kg Kürbis, geschält und in Würfel geschnitten
·         60 g Kürbiskerne
·         1 TL Olivenöl

Croutons
·         Olivenöl
·         altes Brot
·         Meersalz
·         Gemahlener schwarzer Pfeffer




Den Backofen auf 220°C Umluft vorheizen.

Das Olivenöl mit dem Kreuzkümmel und dem Rosmarin in einer Schüssel verrühren, dann die Kürbiswürfel zugeben und gut vermischen, sodass sie gleichmässig mit dem Öl überzogen sind. Salzen, pfeffern und auf einem Backblech verteilen. Im Ofen ca. 35 Minuten rösten, bis sich der Kürbis weich anfühlt. Aus dem Ofen nehmen und die Backofentemperatur auf 200°C senken. Den Kürbis abdecken und warm halten.

Die Kürbiskerne auf einem Backblech verteilen, mit Salz und schwarzem Pfeffer würzen und mit Olivenöl beträufeln. Im Ofen 10-12 Minuten backen, bis sie goldbraun geröstet sind.
Inzwischen die Croutons zubereiten. Das Brot in kleine Würfel schneiden, im Öl knusprig braten, mit Salz und Pfeffer würzen.

Bei Katie ist das Rezept in der Rubrik „Beilagen“ aufgeführt. Ich finde, zusammen mit etwas Brot geht der geröstete Kürbis absolut auch als Hauptspeise durch.

Es bleiben noch immer 5 Kilo Kürbis… Der wird natürlich auch noch verwertet, mehr dazu demnächst.

 


 

Donnerstag, 5. September 2013

Go with the flow in Arugam Bay

An unserem ersten Abend in Arugam Bay steigt eine Party. Ein Hotel feiert seinen 50. Geburtstag. Ich bin ein wenig erstaunt, dass vor 50 Jahren hier schon Hotels gebaut wurden. Da unsere Abende in den vergangenen Wochen sehr ruhig waren (essen gehen, lesen, was trinken, meistens früh ins Bett) kann eine Party nicht schaden. Als wir um 22 Uhr ankommen, legt bereits ein DJ auf, tanzen getraut sich jedoch noch niemand. Es geht eine Weile, bis die Feier in Gang kommt. Wir trinken ein paar Arrak Sprite (Arrak ist der nationale Schnaps). Bald sind wir ein wenig angetrunken - und müde. Wir verlassen die Sause noch vor Mitternacht und machen uns auf den “Heimweg”. Vor unserem Gästehaus machen sich gerade ein paar junge Touristen startklar für den Ausgang. Mit einer Flasche billigem Prosecco laufen sie richtig Zentrum. Wir kommen nach Hause während die 10 Jahre Jüngeren erst aufbrechen. Wir haben es ja bereits geahnt, aber solche Szenen führen uns ganz deutlich vor Augen: wir werden älter. Früher waren Jonas und ich beide unabhängig voneinander sofort am Start, wenn es was zu feiern gab. Und oft bei den letzten, die nach Hause kehrten. Und heute? Wir feiern immer noch gern, aber nicht um jeden Preis. Diesmal sind wir froh, um Mitternacht schlafen gehen zu können. Wie sich die Zeiten doch ändern.

Die Tage in Arugam Bay sind sehr entspannend. Unsere Unterkunft besteht aus ein paar Follys (ein Bett, bedeckt von einem Strohdach und umgeben von einer Art Vorhängen), Cabanas und einem Zelt. Die erste Nacht verbringen wir im Folly, schlafen also fast unter freiem Himmel. Wie schön, beim Einschlafen und Aufwachen den Wellen zu lauschen. Die folgenden Nächte sind wir im Zelt, ausgestattet mit Bett, Strom, Toilette und allem was man so braucht.

Tagsüber hängen wir in unserem “Garten”, am Strand, Jonas surft, ich gehe mal ins Yoga. Die Stunde lautet “Yoga Flow & Pilates”. Ich freue mich darauf, wieder einmal meine Muskeln zu spüren, aber daraus wird nichts. Die Lektion besteht vor allem aus Dehnübungen (und ja, ich habe während der Reise deutlich an Beweglichkeit eingebüsst). Was es mit Pilates zu tun hat bleibt mir ein Rätsel, und Flows von Yogaübungen haben wir auch keine gemacht. Naja, ein Versuch war’s wert. Dafür ist das Ayurveda, das wir nochmals buchen, eine wahre Wohltat.

Wir treffen Rash, der schon lange im Tourismus arbeitet und uns mit seinem Tuk-Tuk an etwas abgelegene Strände fährt. Der hilfsbereite Tuk-Tuk-Fahrer ist circa 40 und hat durch das viele Rauchen eine Louis Armstrong-Stimme. Rash hat zwei Töchter, seine erste Tochter ist beim Tsunami ums Leben gekommen. Er hat in Saudiarabien als Taxifahrer gearbeitet, als der Tsunami über Arugam Bay hereinbrach, sein Haus, sein Tuk-Tuk und vor allem seine kleine Tochter mitriss. Er erläutert uns, wie ganze Familien im Ort ausgelöscht wurden. Rash erzählt seine Geschichte ohne Wut, hat das Schicksal akzeptiert. Trotzdem, ich kann mir kaum vorstellen, wie es für ihn gewesen sein muss, in der schlimmsten Stunde seiner Familie im Ausland gewesen zu sein. Hilflos und weit weg.

Ich kann die Wucht des Tsunamis nur schwer vorstellen. Auch den Leuchtturm am “Lighthouse-Beach” hat er bis auf den Sockel mitgerissen. Der Strand ist einsam, außer uns sind noch etwa vier andere Touristen und ein paar einheimische Jungen vor Ort. Perfekt für Jonas, in Ruhe zu surfen. Der Main Point in Arugam Bay ist diese Tage ziemlich überloffen, manchmal tummeln sich 30 bis 40 Surfer im Wasser. Als Jonas im nach der perfekten Welle sucht, versammeln sich die Jungs um mich, wollen fotografiert werden, meine Sonnenbrille anziehen und natürlich Geld haben. Geld gibt’s keines, aber ein paar Kaugummis habe ich noch. Zufrieden kauend ziehen sie zu den nächsten Touristen.

In Arugam Bay lässt es sich gut einige Tage verweilen. Für Leute die “nur” schwimmen und sonnenbaden, (und nicht surfen) möchten, gibt es in Sri Lanka besser Strände. Die Wellen sind für meinen Geschmack zu stark zum schwimmen. Ich komme mir vor wie in einer Waschmaschine, immer wieder werde ich durchgespült. Und, wer unter Kynophobie leidet, sollte Arugam Bay ebenfalls meiden. Im Ort wimmelt es von Hunden. Zu jeder Unterkunft scheinen 1 bis 2 Hunde zu gehören - dies sind meist die etwas gepflegteren Exemplare. Hinzu kommen unzählige Strassenköter. Nachts, wenn der Tuk-Tuk-Verkehr abnimmt, übernehmen die Vierbeiner die Strasse. Wir beobachten richtige Strassenkämpfe, als ob die Hunde in Gangs organisiert wären. Sie bellen, jaulen und heulen in die Nacht. Es gibt in ganz Sri Lanka Strassenhunde, aber nirgends haben wir so viele wie in Arugam Bay gesehen. Vielleicht, weil sie andernorts “gerettet” werden? In Negombo hat ein Restaurantbesitzer 18 Köter vom Schicksal auf der Strasse erlöst. Wenn man das Restaurant besucht, erhält man zur Karte eine Buch, in dem die Taten des Engländers samt Foto von jedem einzelnen Hund abgedruckt sind. Das nenn ich ein Herz für Tiere.

Zum Schluss noch eine weitere Episode der Serie Pleiten, Pech und Pannen: Jonas mietet ein Surfbrett, bezahlt. Ich frage, ob er mir das Portemonnaie wieder geben möchte. Nein, er hat’s jetzt schon in seinen Badehosetaschen verstaut, er gibt’s mir später. Bei den Wellen angekommen ist die Vorfreude aufs Surfen so gross, dass das Portemonnaie vergessen geht. Jonas erst einmal im Meer, will ich mir etwas zu trinken holen. Ich suche das Portemonnaie in der Tasche. Den Rest der Geschichte könnt ihr euch denken, irgendwo im indischen Ozean schwimmt ein Geldbeutel (mit ID, Kreditkarte, Fahrausweis)…

Und kulinarisch?
In Arugam Bay lassen wir es uns noch mal richtig gut gehen. In lokalen Restaurants geniessen wir hervorragende Currys. Zweimal essen wir im Restaurant Hideaway. Für sri-lankische Verhältnisse etwas teuer, was sich aber lohnt. Im schicken Restaurant wird Fusionsküche vom Feinsten serviert. Die fünf angebotenen Menus wechseln jeden Tag, je nach Saison und lokalem Angebot.

Von Arugam Bay nehmen wir das Taxi zurück nach Negombo. Mit dem Taxi sind es acht Stunden Fahrt, man kann sich ausrechnen wie lange wir mit den ÖV bräuchten. Allerdings ist die Sache mit 20’000 Rupien (rund 140 Franken) eine teure Angelegenheit. Rash verspricht uns ein Taxi für 18’000 zu organisieren. Wir fragen noch rum, vergleichen die Preise, verhandeln. Unter 18’000 fährt niemand. Also nehmen wir die Empfehlung von Rash. Der braucht jetzt plötzlich doch 19’000. Zähneknirschend willigen wir ein. Wir fahren um 9 Uhr los. Unser Taxifahrer hat noch nicht gefrühstückt, also halten wir nach einer kurzen Zeit für eine Frühstückspause. Dafür esse er keinen Lunch. Nach fünf Stunden Fahrt verspüren wir einen Hunger, bitten den Taxifahrer anzuhalten, damit wir etwas zu essen besorgen können. Wir haben uns eigentlich gedacht, wir holen irgendwo einen Snack. Der Taxifahrer hält an einer Raststätte, wo Curry serviert wird. Da Jonas wirklich sehr hungrig ist, geht das auch in Ordnung. Der Kellner deckt für drei, gemeinsam mit dem Taxifahrer essen wir das aufgetischte Mittagessen. Als der Kellner mit der Rechnung im Anmarsch ist, verzieht sich der Taxifahrer schon mal zum Auto. Wir bezahlen die 1850 Rupien für drei Mittagessen. In Negombo angekommen erklären wir dem Taxifahrer, dass es nicht abgemacht war, dass wir sein Mittagessen bezahlen, und dass wir 600 Rupien von den 19’000 abziehen möchte. Er protestiert lautstark, andere Taxifahrer mischen sich ein. Sie sagen uns, 19’000 sei sowieso viel zu viel, sie würden für 14’000 nach Arugam Bay fahren. Der Preis war abgemacht, obwohl wir das Gefühl haben, viel zu viel zu bezahlen, halten wir uns daran. Wir versuchen aber unserem Fahrer zu erklären, dass wir erwartet hätten, dass er uns sagt wenn wir sein Mittagessen auch berappen müssen. Er jammert, aber wir bleiben hart. Diese Situation ist exemplarisch für die Kommunikation (oder besser gesagt die Nicht-Kommunikation) in Sri Lanka. Oft kommunizieren die Sri-Lankesen nur das absolute Minimum, alles darüber hinaus müssen wir erfragen oder erahnen. Es sind wahrscheinlich die kulturellen Unterschiede, die in einer unterschiedlichen Form der Verständigung ihren Ausdruck finden. Ich denke nicht, dass Berechnung dahinter steckt. Trotzdem erschwert uns dies manchmal das Reisen, das Verstehen.

Knapp drei Wochen Sri Lanka liegen hinter uns. Meiner Meinung nach reichen drei Wochen, um die Insel zu entdecken. Sri Lanka ist auf alle Fälle eine Reise wert. Die Insel lebt vor allem von ihrer wunderschönen Landschaft: Das satte grün in den Bergen, die paradiesischen Strände, die Elefanten… Zudem ist Sri Lankas Küche ist hervorragend. Besonders geschmeckt haben uns die vielen Currys, aber auch die Snacks und vor allem die Früchte und Fruchtsäfte. Etwas gewöhnungsbedürftig war für uns die Langsamkeit, mit der hier alles von statten geht. Busse brauchen für kurze Strecken eine halbe Ewigkeit, aufs Essen warten wir manchmal eine Sunde oder mehr und auch Blogbeiträge hochladen im Internet braucht teilweise viel Geduld. Wir witzeln, dass das einzige was in Sri Lanka schnell ist, die Sprache ist. Wenn die Einheimischen auf Singhalesisch sprechen, ist es als würde ein Maschinengewehr seine Schüsse abfeuern.

Eingeprägt haben sich mir die Gerüche Sri Lankas. Es riecht immer ein bisschen nach Feuer. Den Strassenrand zäumen unzählige kleine Kehrichtverbrennungsanlagen, dazu kommen die kleinen Feuerchen auf denen Einheimische kochen. Wenn es nicht nach Feuer riecht, duftet es nach Räucherstäbchen, die quasi überall glühen und deren Geruch ich sehr mag. 

Vom Bürgerkrieg, der erst vier Jahre zurückliegt, spüren wir als Touristen nichts. Die meisten Sri-Lankesen sind aufgestellte Leute, mit Sinn für Humor. Feindseligkeiten gegenüber Landsleuten spüren wir keine. Möglicherweise lassen sie solche Gefühle nicht an die Oberfläche. Der Friede herrscht heute, weil die Regierung alle Rebellen getötet hat, und nicht weil ein Friedensabkommen geschlossen wurde. Aber die Rebellen haben Familien, die Opfer der Tamil Tigers haben Familien… Und wenn ich sehe, wie lange der Friedensprozess in anderen Staaten dauert, kann ich mir kaum vorstellen, dass hier nach vier Jahren alles vergessen und verziehen ist. Wir versuchen ein paar Mal die Leute auf den Krieg anzusprechen, zum Beispiel indem wir sagen dass in der Schweiz viele Tamilen leben, die vor dem Krieg geflüchtet sind. Aber nie geht ein Einheimischer darauf ein. Vielleicht sind die Leute hier Meister im Verdrängen? Ich weiss es nicht. Eines der vielen Rätsel nach drei Wochen in Sri Lanka.

Die letzten Tage schleicht sich die Wehmut bei uns ein. Wir sind am Ende unserer 10-wöchigen Reise angelangt, bald fliegen wir nach Hause. Obwohl wir uns beide sehr freuen, Familie und Freunde wiederzusehen, sind wir ein bisschen traurig. Wir müssen Abschied von einer intensiven Zeit nehmen, wir haben viel erlebt und gesehen. Bald wird der Alltag wieder einkehren. Aber wir sind sehr dankbar, die Möglichkeit gehabt zu haben, gemeinsam so lange Ferien verbringen zu können. Es ist mir gelungen, richtig abzutauchen, mich auf das Erlebte einzulassen, andere Welten zu entdecken. Wahrscheinlich waren dies die intensivsten Wochen meines Lebens. Und wir wissen, dass wir privilegiert sind. In den Ländern in denen wir unterwegs waren, haben wir viele Menschen getroffen, die überhaupt noch nie im Ausland waren. 


Unsere Bleibe





Strand von Arugam Bay



Strand von Lighthouse






Fusionsküche im Hideaway



Einmal mehr: sri-lankisches Curry



Vorwarnung, dass es etwas länger dauern könnte..








Dienstag, 3. September 2013

Misslungener Versuch einer Ménage à troi

Der Grund, weshalb wir knapp eine Woche in Arugam Bay verweilen, ist schnell genannt: Surfen. Arugam Bay ist das Surf Mekka Sri Lankas. Da konnte es sich Jonas natürlich nicht nehmen lassen, hier nach der perfekten Welle zu suchen. Und ich? Also gut, wenn wir schon mal hier sind, versuch ich’s auch. Vielleicht sollte ich noch erwähnen, dass ich es liebe AUF und AM Wasser zu sein. IM Wasser, das ist aber nicht so mein Ding. Meistens wird mir im Nass sehr schnell kalt (ok, diese Ausrede gilt hier nicht). Zusätzlich bin ich ein absoluter Schisser im Wasser. Wilde Wellen lösen bei mir ein leichtes Unbehagen aus. Aber was tut man nicht für die Liebe? 

Wir mieten ein Brett und fahren mit dem Tuk-Tuk nach Whiskey Point, dort gibt’s eine gute Welle für Anfänger. Gottseidank versuchen auch noch ein paar andere Grünhörner ihr Glück. Wir üben erstmal mit “auf dem Brett liegend” auf der Welle zu reiten. Geht eigentlich ganz gut, ohne nennenswerte Zwischenfälle. Aber der wau-Effekt bleibt irgendwie aus. Auf dem Brett denke ich nicht: “booaah, geil”, sondern viel eher “scheisse, wann ist die Welle wieder fertig und wie komme ich dann möglichst heil wieder vom Brett runter?”. Spült mich die Welle erst mal weg bin ich ganz auf mich alleine gestellt, mein Liebster weit weg und kann mir nicht mehr helfen. 


Jonas möchte mich noch dazu ermuntern, doch mal auf dem Brett aufzustehen, wenn ich eine Welle erwischt habe. Ich stelle mir das gedanklich vor. Kopfkino. Nein, das geht nicht. Ich trau mich nicht. Kann mir nicht vorstellen, das Brett aus meiner Umklammerung loszulassen und aufzustehen. Ich kapituliere, hier und jetzt an dieser Stelle. Wie gesagt, ich bin ein Schisser.
Jonas liebt das Surfen, ich liebe Jonas, aber eine Ménage à troi, funktioniert ja bekanntlich selten. Deshalb überlass ich die Wellen Jonas und seinem Surfbrett. Und ich? Ich geh zurück zu meinem Liegestuhl, nimm das Buch zur Hand und geniesse das Relaxen. 


Die Tage in Arugam Bay - die letzten Tage unserer grossen Reise - plätschern dahin… Natürlich besteht Arugam Bay auch noch aus ein bisschen mehr als aus Surfen, mehr dazu im nächsten Blog
.

Sonntag, 1. September 2013

Entschleunigung oder die Frage nach der Definition von "langsam"

Ganz nach dem Motto “Der Kluge reist im Zuge” fahren wir mit der Eisenbahn von Nuwara Eliya nach Ella. Der Vormittag-Zug verfügt nur über Drittklasswagen. Dritte Klasse kann nicht reserviert werden, somit gehen wir auf gut Glück hin. Als ich sehe, dass unser Zug explizit als “slow train” gekennzeichnet ist, schwant mir Böses. Vieles ist in Sri Lanka - an unserem Schweizer Takt, auf den wir getrimmt sind gemessen - langsam, ohne so ausgewiesen zu sein. Was aber, wenn explizit etwas als langsam bezeichnet wird? Was ist in Sri Lanka die Definition von langsam? Beim Billettkaufen fragen wir den Bahnangestellten, ob wir unser Gepäck so in den Zug nehmen können, respektive ob genügend Platz vorhanden sei. Er wackelt mit dem Kopf (unserer verneinenden Kopfbewegung nicht unähnlich) und sagt “yes”. Wie jetzt? Ja oder nein? Wie in Indien gehört Kopfwackeln für viele Sri-Lankesen zur Körpersprache. Für uns ist es manchmal verwirrend. 

Mit 45 Minuten Verspätung tuckert der Zug, bestehend aus circa 10 Güterwaggons und zwei Drittklasswagons, ein. Dritte Klasse heisst Holzbänke und Betonboden. Langsam fährt der Zug durch die wunderschöne Landschaft - vorbei an Teeplantagen und durch den Urwald. Ich versuche die pittoreske Landschaft mit meiner Kamera einzufangen. Ein nicht allzu leichtes Unterfangen, bei den vielen Leuten. Nachdem ich mich dabei superdämlich anstelle und im Zug auf die Schnauze falle, überlässt mir ein Einheimischer seinen Fensterplatz. Nach fünf Stunden erreichen wir unser Ziel (der reguläre Zug braucht etwa drei Stunden).

Ella ist ein kleiner Ort im Hochland. Die Landschaft hier ist geprägt von Hügeln und Dschungel. Obwohl wir auch von der Terrassen unseres Gästehauses eine Hammeraussicht haben, erklimmen wir die Erhebungen rund um Ella: den Ella Rock und den Little Adam’s Peak. Der Weg auf den Ella Rock heisst es, sei schwierig alleine zu finden, ein lokaler Guide empfehlenswert. Rund 500 Rupien (etwas über drei Franken) sollten wir dafür berappen, meint unsere Gastgeberin, auf keinen Fall mehr. Agnese und Simone, ein Paar aus Mailand das wir schon in Nuwara Eliya kennengelernt haben, haben sich schlau gemacht und meinen es wäre auch auf eigene Faust zu finden. Wir lassen es offen und wollen dann vor Ort entscheiden, ob wir mit oder ohne Guide den Felsen erklimmen. Auf dem Weg treffen wir einen Bauern, der uns den Weg zeigen will. Natürlich fragen wir, was er von uns erwartet. Ahh, nicht viel, manchmal geben ihm die Touristen etwas Geld, aber er sei ja kein Guide, die seien ja sowieso zu teuer und nehmen den Touristen das Geld aus der Tasche. Ok, wir lassen uns von ihm den Weg zeigen, oben angekommen drücken wir ihm 500 Rupien in die Hand. Ja nein, das sei viel zu wenig, der Preis sei 500 Rupien pro Person. Nach einigem Diskutieren nimmt er die 500 und braust entnervt davon. Verhandeln gehört in Sri Lanka zur Tagesordnung. Man darf sich nicht verunsichern lassen. Der Aufstieg hat sich aber gelohnt, die Aussicht von oben ist sehr schön - wenngleich nicht ganz frei von einem leichten Dunst.

Nach der doch ein bisschen anstrengenden Wanderung auf den Ella Rock, lassen wir es uns nicht entgehen, uns mit Ayurveda zu verwöhnen. Nachdem wir in der Kräutersauna geschmort haben, erhalten wir eine Ganzkörpermassage. Sehr angenehm. Die Überraschung kommt zum Schluss (nein, nicht was ihr jetzt denkt…). Wir legen uns in einen Holzkasten, aus dem nur der Kopf herauslugt. Der Kasten erinnert mich an die Konstruktionen mit denen Magier Leute zersägen. In Wirklichkeit handelt es sich um ein Dampfbad, von unten kommt heisse Luft, und wir schwitzen uns wirklich einen ab. Während wir im Schwitzkasten liegen lassen es sich die Masseure nicht nehmen, ein wenig mit uns zu plaudern. Jonas erfährt so von seinem 23-jähren Masseur, dass er vier Freundinnen gleichzeitig hat, und dass das manchmal sehr anstrengend ist. Natürlich wissen die vier nichts voneinander. Männer.

Die Hausherrin in unserem Gästehaus kocht ausgezeichnetes sri-lankisches Curry. Spontan besuchen wir den kleinen Kochkurs, den sie anbietet. Mir fehlt das Kochen sehr, und es ist tut gut, wieder mal Gemüse zu schnippeln, etwas in der Pfanne brutzeln zu lassen und die Düfte der Küche zu riechen. Für einen Foodie wie mich ist es natürlich sehr spannend zu sehen, wie ein echt sri-lankisches Curry zubereitet wird (mehr dazu demnächst auf dem Blog). Die Frau kocht mit einer unglaublichen Ruhe, man sieht, dass sie ihr Metier versteht. Der etwas nervösere Ehemann, der in der Küche nicht viel zu sagen hat, zeigt uns dann noch, wie man eine Kokosnuss fachmännisch knackt. Als Jonas erzählt, er mache das jeweils mit dem Hammer, lacht uns der gute Mann ziemlich aus.

Und kulinarisch?
Zu den Curries werden Beilagen serviert. Neben Reis sind auch String Hoppers (eine Art sehr dünne Nudeln) und Roti (Fladenbrot aus Kokosnuss, Mehl und Butter) beliebte Begleiter.



Im Zug unterwegs






Wandernd unterwegs
 







kochend...





String Hoppers mit Curry