Sonntag, 1. September 2013

Entschleunigung oder die Frage nach der Definition von "langsam"

Ganz nach dem Motto “Der Kluge reist im Zuge” fahren wir mit der Eisenbahn von Nuwara Eliya nach Ella. Der Vormittag-Zug verfügt nur über Drittklasswagen. Dritte Klasse kann nicht reserviert werden, somit gehen wir auf gut Glück hin. Als ich sehe, dass unser Zug explizit als “slow train” gekennzeichnet ist, schwant mir Böses. Vieles ist in Sri Lanka - an unserem Schweizer Takt, auf den wir getrimmt sind gemessen - langsam, ohne so ausgewiesen zu sein. Was aber, wenn explizit etwas als langsam bezeichnet wird? Was ist in Sri Lanka die Definition von langsam? Beim Billettkaufen fragen wir den Bahnangestellten, ob wir unser Gepäck so in den Zug nehmen können, respektive ob genügend Platz vorhanden sei. Er wackelt mit dem Kopf (unserer verneinenden Kopfbewegung nicht unähnlich) und sagt “yes”. Wie jetzt? Ja oder nein? Wie in Indien gehört Kopfwackeln für viele Sri-Lankesen zur Körpersprache. Für uns ist es manchmal verwirrend. 

Mit 45 Minuten Verspätung tuckert der Zug, bestehend aus circa 10 Güterwaggons und zwei Drittklasswagons, ein. Dritte Klasse heisst Holzbänke und Betonboden. Langsam fährt der Zug durch die wunderschöne Landschaft - vorbei an Teeplantagen und durch den Urwald. Ich versuche die pittoreske Landschaft mit meiner Kamera einzufangen. Ein nicht allzu leichtes Unterfangen, bei den vielen Leuten. Nachdem ich mich dabei superdämlich anstelle und im Zug auf die Schnauze falle, überlässt mir ein Einheimischer seinen Fensterplatz. Nach fünf Stunden erreichen wir unser Ziel (der reguläre Zug braucht etwa drei Stunden).

Ella ist ein kleiner Ort im Hochland. Die Landschaft hier ist geprägt von Hügeln und Dschungel. Obwohl wir auch von der Terrassen unseres Gästehauses eine Hammeraussicht haben, erklimmen wir die Erhebungen rund um Ella: den Ella Rock und den Little Adam’s Peak. Der Weg auf den Ella Rock heisst es, sei schwierig alleine zu finden, ein lokaler Guide empfehlenswert. Rund 500 Rupien (etwas über drei Franken) sollten wir dafür berappen, meint unsere Gastgeberin, auf keinen Fall mehr. Agnese und Simone, ein Paar aus Mailand das wir schon in Nuwara Eliya kennengelernt haben, haben sich schlau gemacht und meinen es wäre auch auf eigene Faust zu finden. Wir lassen es offen und wollen dann vor Ort entscheiden, ob wir mit oder ohne Guide den Felsen erklimmen. Auf dem Weg treffen wir einen Bauern, der uns den Weg zeigen will. Natürlich fragen wir, was er von uns erwartet. Ahh, nicht viel, manchmal geben ihm die Touristen etwas Geld, aber er sei ja kein Guide, die seien ja sowieso zu teuer und nehmen den Touristen das Geld aus der Tasche. Ok, wir lassen uns von ihm den Weg zeigen, oben angekommen drücken wir ihm 500 Rupien in die Hand. Ja nein, das sei viel zu wenig, der Preis sei 500 Rupien pro Person. Nach einigem Diskutieren nimmt er die 500 und braust entnervt davon. Verhandeln gehört in Sri Lanka zur Tagesordnung. Man darf sich nicht verunsichern lassen. Der Aufstieg hat sich aber gelohnt, die Aussicht von oben ist sehr schön - wenngleich nicht ganz frei von einem leichten Dunst.

Nach der doch ein bisschen anstrengenden Wanderung auf den Ella Rock, lassen wir es uns nicht entgehen, uns mit Ayurveda zu verwöhnen. Nachdem wir in der Kräutersauna geschmort haben, erhalten wir eine Ganzkörpermassage. Sehr angenehm. Die Überraschung kommt zum Schluss (nein, nicht was ihr jetzt denkt…). Wir legen uns in einen Holzkasten, aus dem nur der Kopf herauslugt. Der Kasten erinnert mich an die Konstruktionen mit denen Magier Leute zersägen. In Wirklichkeit handelt es sich um ein Dampfbad, von unten kommt heisse Luft, und wir schwitzen uns wirklich einen ab. Während wir im Schwitzkasten liegen lassen es sich die Masseure nicht nehmen, ein wenig mit uns zu plaudern. Jonas erfährt so von seinem 23-jähren Masseur, dass er vier Freundinnen gleichzeitig hat, und dass das manchmal sehr anstrengend ist. Natürlich wissen die vier nichts voneinander. Männer.

Die Hausherrin in unserem Gästehaus kocht ausgezeichnetes sri-lankisches Curry. Spontan besuchen wir den kleinen Kochkurs, den sie anbietet. Mir fehlt das Kochen sehr, und es ist tut gut, wieder mal Gemüse zu schnippeln, etwas in der Pfanne brutzeln zu lassen und die Düfte der Küche zu riechen. Für einen Foodie wie mich ist es natürlich sehr spannend zu sehen, wie ein echt sri-lankisches Curry zubereitet wird (mehr dazu demnächst auf dem Blog). Die Frau kocht mit einer unglaublichen Ruhe, man sieht, dass sie ihr Metier versteht. Der etwas nervösere Ehemann, der in der Küche nicht viel zu sagen hat, zeigt uns dann noch, wie man eine Kokosnuss fachmännisch knackt. Als Jonas erzählt, er mache das jeweils mit dem Hammer, lacht uns der gute Mann ziemlich aus.

Und kulinarisch?
Zu den Curries werden Beilagen serviert. Neben Reis sind auch String Hoppers (eine Art sehr dünne Nudeln) und Roti (Fladenbrot aus Kokosnuss, Mehl und Butter) beliebte Begleiter.



Im Zug unterwegs






Wandernd unterwegs
 







kochend...





String Hoppers mit Curry



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